Zur Feier des Pride Month, stellen wir einige Mitglieder unserer LGBT*IQ & Allies-Community bei WiseTech in den Mittelpunkt. Wir haben uns neulich mit Dave East, Head of Software Engineering Practice, getroffen und über seine Erfahrungen mit seinem Coming-Out im Arbeitsumfeld gesprochen, was Pride Month für ihn bedeutet, und wie sowohl einzelne Personen, als auch Unternehmen integrative und unterstützende Verbündete sein können.

Können Sie uns ein bisschen über Ihren Karriereweg erzählen und wie lange Sie schon bei WiseTech sind?

Ich habe vor etwa 11 Jahren als Associate Developer bei WiseTech angefangen. Ich wurde Leiter eines Entwicklungsteams und Produktmanager, bevor ich in den Bereich Software Operations wechselte. Inzwischen habe ich die Funktion Software-Engineering-Praxis geschaffen, die sich mit dem Verständnis und der Gestaltung der menschlichen Seite der Softwareentwicklung befasst.

Neben der Arbeit studiere ich außerdem ein „Graduate Diploma“ in Psychologie, das ist eine Art Grundstudium als Aufbaustudium. Ich nutze das dazu, meine Fähigkeit darin zu verbessern, zu verstehen wie Menschen denken, fühlen und handeln, sodass ich die Art und Weise besser gestalten kann, wie Softwareentwicklung bei WiseTech durchgeführt wird.

Würden Sie uns etwas über Ihre Erfahrung mit Ihrem Coming-Out, generell und auch im Arbeitsumfeld, erzählen?

Ich hatte mein erstes Coming-Out mit 18, aber ich habe gelernt, dass ein Coming-Out keine einmalige Sache ist. Man macht das ständig, wenn man in eine neue Umgebung kommt oder neue Leute trifft. Ich hatte mein Coming-Out bei WiseTech während meines Vorstellungsgesprächs, weil ich auf keinen Fall für ein Unternehmen arbeiten wollte, wo ich nicht so akzeptiert werden würde, wie ich bin.

Die Auswahl eines Unternehmens, für das man arbeitet, ist eine bedeutende Lebensentscheidung und ich wollte sicherstellen, dass ich nicht irgendwo arbeite, wo ich wichtige Facetten meines eigenen Lebens verstecken muss. Ich fühlte mich selbstbewusst und wohl in meiner Haut, sodass ich diesen Teil von mir von Anfang an zeigen konnte.

Während meines Vorstellungsgesprächs bei WiseTech, habe ich meinen Partner erwähnt und habe auf sein Geschlecht verwiesen. Ich habe bei meinen Gesprächspartnern*innen keinerlei Unbehagen oder Abneigung gespürt, was für mich bedeutete, dass das Unternehmen den Test bestanden hatte und ich wusste, dass dies die richtige Umgebung für mich sein würde.

Was bedeutet es für Sie, bei der Arbeit wirklich Sie selbst sein zu können?

Es ist sehr befreiend. Ich muss mich nicht darum sorgen, dass jemand etwas herausfinden könnte, wie man es herausfinden könnte, oder ob sich Leute hinter meinem Rücken darüber unterhalten. Diese Art von Unsicherheit bedeutet viel Stress und ich habe das definitiv in früheren Arbeitsumfeldern erfahren. Deshalb ist das Berufsleben so viel befreiender und einfach angenehmer, anstatt sich zu verstecken oder sich zu sorgen, dass es jemand herausfindet.

Bei WiseTech gibt es so viele Leute, und Leute sind facettenreich, aber nicht jede*r ist gleich fortschrittlich und fühlt sich mit diesen Dingen wohl. Und das ist, glaube ich, die große Herausforderung für viele Unternehmen. Die Unternehmenskultur kann fantastisch sein, aber ich glaube, die Herausforderung liegt in den individuellen Erfahrungen mit Menschen, die es nicht unbedingt böse meinen, die aber Dinge sagen könnten, die entweder beleidigend wirken oder einfach nicht sehr sensibel für die Tatsache sind, dass andere Menschen ihren eigenen Herausforderungen gegenüberstehen.

Wir wissen nicht, mit welchen Schwierigkeiten jemand zu kämpfen hat, und die können manchmal sehr persönlich und privat sein. Solche Mikroaggressionen in Form von Kommentaren können starke Auswirkungen haben und sich wirklich anhäufen. In 99,999 % der Fälle ist alles in Ordnung, aber die 0,001 % können ziemlich schädlich sein. Die Herausforderung besteht also darin, dafür zu sorgen, dass jede*r die Auswirkungen seiner*ihrer Worte und Handlungen versteht, und die Mitarbeiter*innen weiter zu schulen.

Was bedeutet Pride Month für Sie und warum ist es eine besondere Zeit?

Pride Month ist ein Anlass, Gespräche über Vielfalt zu legitimieren, insbesondere für die LGBT*IQ-Community. Es ist eine Gelegenheit, Vielfalt zu feiern, sowie den Fortschritt, den wir erreicht haben und über Bereiche zu sprechen, in denen es noch Verbesserungsbedarf gibt.

Wir haben gerade einen Wahlkampf in Australien hinter uns, in dem transsexuelle Menschen in einer konservativen Panikmache für politische Zwecke benutzt wurden, und diese Art von Diskurs ist wirklich sehr schädlich für die Menschen.

Es ist großartig, einen Moment zu haben, in dem das Mikrofon an Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund übergeben wird, um über ihre Erfahrungen zu sprechen und zu hören, was ihnen wirklich wichtig ist. Ich denke, der wichtigste Teil des Pride Month ist, von Menschen mit anderen Erfahrungen als unseren eigenen zu hören.

Finden Sie, dass Unternehmen mehr Unterstützung zeigen und integrativer für LGBT*IQ-Menschen sein können?

Ich glaube, dass es für Unternehmen wirklich wichtig ist, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen eine Stimme zu geben, und ich bin froh, dass wir als Unternehmen das Mantra „Jede*r kann jederzeit und aus jedem Grund mit jede*m sprechen“ haben. Daher ist es fantastisch, Dinge wie dieses Interview für Pride Month zu haben, und ich bin dankbar, dass ich meine Erfahrungen teilen kann.

Ich denke, eines der wichtigsten Dinge ist nicht nur zuzuhören, sondern auch zu verstehen und vor allem zu handeln. Ich glaube, dass die Leute oft zuhören, aber nicht unbedingt verstehen, warum über Vielfalt oder den Abbau von Vorurteilen gesprochen wird. Vor allem bei der Einstellung neuer Mitarbeiter*innen und in anderen Bereichen, in denen es viel Ermessensspielraum gibt bedeutet das, dass sich unbewusste Vorurteile wirklich in unsere Entscheidungen einschleichen können.

Daher halte ich es für sehr wichtig, dass wir versuchen, Voreingenommenheit auszumerzen und tatsächlich Maßnahmen zu ergreifen, wenn Menschen darauf hinweisen, dass es irgendwo ein Problem mit Voreingenommenheit geben könnte.

Was bedeutet Allyship für Sie?

Für mich besteht der wichtigste Teil darin Ally, also ein*e Verbündete*r zu sein, wenn nötig den Mund aufzumachen, und etwas, das sich nicht richtig anfühlt, nicht einfach zu übergehen. Wenn jemand etwas Unangemessenes sagt, kann es sehr wirkungsvoll sein, die Person darauf anzusprechen.

Die meisten Leute mögen Konfrontationen nicht, deshalb ist es wahrscheinlich einfacher, es dabei zu belassen. Aber wenn andere Menschen sehen, dass es nicht in Ordnung ist, bestimmte Dinge zu sagen, kann das sehr stark sein und eine dauerhafte Bindung zwischen den Menschen schaffen, wenn sich jemand für dich oder für jemanden wie dich eingesetzt hat.

Wir wissen nicht unbedingt, wer sich ebenfalls durch etwas verletzt fühlen könnte. Wenn also jemand sowas sagt wie „das ist so schwul“, würde man sich als homosexuelle Person nicht umdrehen und sagen „Ich bin schwul, und das ist verletzend“, besonders wenn man sich noch nicht geoutet hat. Man würde eher im Stillen leiden. Wenn Allies also darauf hinweisen, wenn jemand etwas Unangemessenes oder Beleidigendes von sich gibt, kann das einer Person mehr helfen, als man denkt. Denken Sie auch über Ihre eigenen Worte und Handlungen nach und darüber, wie sie von Minderheitengruppen wahrgenommen werden könnten.

Welche anderen praktischen Möglichkeiten gibt es, um gute Verbündete zu sein?

Nicht anzunehmen, dass jemand heterosexuell ist, oder sein*ihr Geschlecht anzunehmen, ist ein guter Anfang. Wenn also jemand seine*ihre bessere Hälfte erwähnt, sollte man nicht automatisch fragen „Wie heißt sie?“ oder „Wie heißt er?“, denn dann hat man das Gefühl, dass man sich der Person gegenüber outen muss, weil diese davon ausgeht, dass sie dein Geschlecht kennt oder dass du hetero bist. Schon kleine Änderungen in der Sprache und Fragen, die kein Geschlecht voraussetzen oder inklusiver sind, wie z. B. „Wie heißt sie oder er?“, können dazu beitragen, dass sich die Person wohler fühlt. Wenn also jemand bevorzugte Pronomen angibt, beachten Sie, dass Sie diese auch benutzen.

Das ist eine wirklich einfache Geste, kann aber schwer sein, weil die geschlechtsspezifische Sprache eine so tief verwurzelte Gewohnheit ist. Man muss sich ein bisschen dazu zwingen, anders zu denken und zu sprechen. Es mag sich zuerst komisch anfühlen, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran.

Ich persönlich fände es toll, wenn wir die geschlechtsspezifischen Pronomen ganz abschaffen würden, aber der gesellschaftliche Wandel kommt langsam. Bis wir also konsequent eine geschlechtsneutralere Sprache verwenden, sollen wir das Geschlecht eines Menschen und dessen Partners nicht einfach annehmen. Mein Rat wäre also, sich Menschen wie Geheimnissen zu nähern, und sie werden sich offenbaren, wenn sie sich wohl dabei fühlen.

Welchen Ratschlag würden Sie jemandem geben, der*die sich outen möchte, aber nicht so recht weiß, wie?

Versuche einen kleinen Kreis zu finden, dem du vertraust und in dem du dich wohlfühlst. Wenn du dich nicht wohlfühlst dabei, musst du dich nicht outen - gegenüber niemandem. Du könntest außerhalb der Arbeit völlig Du selbst sein, und jemand ganz anderes während der Arbeitszeit.

Aber wenn du dich mit vertrauten Leuten wohl fühlst, dann teile etwas über dich mit ihnen. Es muss keine große Ankündigung sein, sondern du könntest einfach über deine bessere Hälfte oder einen Schwarm sprechen und dann die Reaktionen abwarten und gucken, ob es sich OK für dich anfühlt.

Du wirst dich wahrscheinlich immer wohler fühlen und kannst dein eigenes, wahres Selbst mit immer mehr Menschen teilen, bis es schließlich keine große Sache mehr ist, sondern nur noch etwas, das jede*r weiß und akzeptiert.